Die Ausgangslage vor dem letzten ZAT der Saison 2025-1? Höchstspannend. Künstlich spannend, sagen manche. Und sie haben gute Gründe.
Denn in einer Saison, in der AJ Auxerre lange wie ein würdiger Titelverteidiger wirkte, war es plötzlich das Chaos, das Einzug hielt. Ob absichtslos oder kalkuliert – das bleibt im Nebel. Was bleibt, ist eine völlig offene Endphase, wie sie die Ligue 1 selten gesehen hat. Mit SC Bastia (60 Punkte), Guingamp (59), Auxerre (58), Valenciennes und Lille (je 55) drängen sich fünf Teams an die Tabellenspitze – ein echtes Fünfkampf-Finale um die Meisterschaft und die internationalen Startplätze.
Doch über all dem schwebt ein anderer Schatten, ein größerer Abschied: SamiNo verlässt AJ Auxerre zum Saisonende. Das wurde nun vom Verein offiziell bestätigt – kurz vor dem Showdown, der alles entscheiden kann.
Keine Worte, keine Interviews, keine Tränen. Nur ein letzter Gruß aus der Stille. Der Mann, der Auxerre über zwei Amtszeiten hinweg geprägt hat wie kein Zweiter, geht. Nach elf Saisons, von 2021-1 bis 2023-1 und von 2024-1 bis 2025-1, tritt der Feldherr ab. Die Gründe? Unbekannt. Die Gerüchte? Vielstimmig. Dass er schon ein neues Ziel in Europa haben soll – sehr wahrscheinlich.
Doch bleiben wird die Geschichte, die SamiNo schrieb:
In den elf Saisons, die SamiNo an der Seitenlinie von AJ Auxerre stand, formte er aus einem soliden Traditionsverein ein europäisches Schwergewicht – nicht durch große Worte, sondern durch Ergebnisse, die für sich sprachen.
Unter seiner Führung gewann Auxerre einmal die französische Meisterschaft – ein Triumph, der das Ende einer langen Durststrecke bedeutete und den Klub zurück auf die große Landkarte des europäischen Fußballs katapultierte. Es war der Moment, in dem Auxerre nicht nur im Inland, sondern auf dem ganzen Kontinent wieder als Titelkandidat genannt wurde.
Doch der Erfolg endete nicht bei der Meisterschale. Vor allem im Pokalwettbewerb zeigte SamiNos Auxerre eiserne Nerven: Viermal konnte der Coupe de la Ligue unter seiner Leitung gewonnen werden – eine beeindruckende Bilanz, die nicht einmal durch zwei weitere verlorene Endspiele getrübt wurde. Denn auch dort war Auxerre stets ein ernstzunehmender Gegner, taktisch scharf und spielerisch gefährlich.
Auch im prestigeträchtigen Coupe de France bewies SamiNo, dass sein Team in den entscheidenden Momenten da war – zwei Mal stemmte Auxerre den traditionsreichen Pokal in den Pariser Nachthimmel. Ein Beweis für Kontinuität, Willenskraft und die Fähigkeit, über Jahre hinweg auf höchstem Niveau zu arbeiten.
International blieb ihm der ganz große Coup lange verwehrt – bis jetzt. Nachdem er bereits einmal mit Auxerre im Europa-League-Finale stand und dort unglücklich unterlag, ist es nun die Königsklasse, die den Höhepunkt seiner Amtszeit markiert: Das Finale der Champions League, erreicht in seiner letzten Saison, aus eigener Kraft, ohne Skandale, ohne Hintertürchen. Ein Triumph des Systems SamiNo.
Diese Erfolge erzählen von mehr als nur Titeln. Sie erzählen von Disziplin, Planung und der Fähigkeit, aus Spielern ein Team und aus einem Team einen Meister zu formen. Und was bleibt, ist mehr als ein Pokalschrank. Es ist ein Erbe.
Was folgt, ist ein letzter Akt. Drei Spiele gegen Caen, Le Havre und Lorient – und alles ist möglich. Auxerre hat die Ligue-1-Titelverteidigung und den weiteren Titel im Coupe de la Ligue zu veredeln selbst in der Hand. Doch gleichzeitig droht der bittere Abgang ohne Krönung. Ein Abgang wie ein letzter Opernton: gewaltig, schön – und schmerzhaft.
„Er geht, wenn’s am schönsten ist“, flüstern die einen. „Er geht, weil es nicht mehr geht“, mutmaßen die anderen. Was auch immer stimmt – SamiNo hat die Ligue 1 gelebt. Und jetzt atmet sie noch ein letztes Mal tief durch, bevor der Vorhang fällt.
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